Geschichte

Aus unserer Geschichte! Die evangelische Kirchengemeinde Selm hat erst eine recht kurze Geschichte. Die Gründung der Gemeinde ist eng verbunden mit dem Aufbau der Zeche Hermann. Denn um das Jahr 1900 herum gab es in Selm und Bork noch keine evangelischen Bürger. Erst mit dem Abteufen der Schachtanlage im Jahre 1907 und den dadurch entstehenden Arbeitsplätzen zogen die ersten evangelischen Bürger - meistens aus Ost- und Westpreußen, Posen und dem Wolgagebiet kommend - nach Selm. In den nächsten zwölf Jahren stieg die Mitgliederzahl dann so stark an, dass am 1. Januar 1920 die Evangelische Kirchengemeinde gegründet und eine Pfarrstelle eingerichtet werden konnte. Zum 1. Pfarrer der Kirchengemeinde wurde am 7. Juli 1920 Pfarrer Koopmann gewählt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die stetig wachsende Gemeinde zunächst im 14 tägigen Wechsel von den Pfarrern aus Lüdinghausen und Lünen mit betreut; ab dem Jahr 1914 wird der Missionar Lombeck von der Rheinischen Missionsgesellschaft in Barmen für die Tätigkeit in Selm freigestellt. Die ersten Gottesdienste und Gemeindeversammlungen wurden in einem sogenannten "Bethaus" abgehalten, einem umgestalteten Beamtenhaus in der Buddenbergstraße.

Im Jahre 1915 errichtete die Gemeinde in der Luisenstraße ihr erstes kleines Gemeindehaus. Dieses erwies sich aber schon bald als recht ungünstig gelegen, da sich die Zechenkolonie nicht wie ursprünglich geplant in Richtung Bork ausdehnte. Somit stand dieses Gemeindehaus isoliert da und die Planungen für ein neues kirchliches Gemeindezentrum wurden immer dringender. Man entschied sich für einen Neubau an der Kreisstraße. Im April 1926 wurde hier mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen. Doch wenig später, am 16. Mai 1926, wurde überraschend die Schließung der Zeche Hermann zum 1. Juli 1926 bekannt gegeben. Die Zeche Hermann war eine Gesellschaft, die mit französischem Kapital gegründet worden war. Die Ressentiments gegen die französische Ruhrbesatzung nach dem ersten Weltkrieg führten zu Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den Dachorganisationen der Ruhrzechen besonders in den Jahren nach der Besatzungszeit. So beschloss die Zechengesellschaft, auf die Kohleförderung in Deutschland zu verzichten und löste sich auf. Innerhalb von wenigen Tagen füllten sich die Schächte mit Wasser und die Bergwerksgebäude wurden abgerissen.

Rund 3700 Menschen verloren ihre Arbeitsplätze. Und fast alle evangelischen Familien in Selm verloren damit ihre wirtschaftliche Basis. An der Durchführung des gemeindlich geplanten Bauvorhabens war nun nicht mehr zu denken. Stattdessen entschied sich die Gemeindeleitung, drei "Ledigenbaracken" von der aufgelösten Zeche zu erwerben. Diese dienten dann als Baumaterial für die sogenannte Notkirche, die zusammen mit dem Kindergarten im Westflügel und den Büroräumen im Ostflügel zu weiten Teilen in Selbsthilfe errichtet wurde. Am 15. Dezember 1926 wird die "Notkirche" feierlich eingeweiht, und sie blieb für 43 Jahre das Zentrum der Kirchengemeinde.

Mit dieser "Notkirche" verbinden viele Selmerinnen und Selmer noch heute viele Geschichten, die oft auch an den Treffen zu den Konfirmationsjubiläen ausgetauscht werden. So erinnern sich viele  ehemalige Konfirmanden daran, den Küster beim Läuten der Glocke unterstützt zu haben, die in einem Dachreiter in der Mitte des Kirchraums befestigt war und mit einem Seil zum Schwingen gebracht werden musste. Andere Konfirmanden waren während des Gottesdienstes damit beschäftigt, den Blasebalg für die Orgel zu bedienen, damit diese mit ausreichend Wind versorgt wurde und den Gemeindegesang führen konnte.

Doch zunächst blieb die Situation für die Stadt Selm und auch für die Kirchengemeinde sehr schwierig. Kaum erholt von der Zechenschließung, wurde die Kommune von der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1929 schwer getroffen. Die Arbeitslosigkeit stieg in den folgenden Jahren weiter an: bis zu 90 % der Einwohner in Selm waren von der staatlichen Wohlfahrt abhängig! Die Kommune Selm gilt in einem Bericht vom 23. Juli 1932 als die am härtesten betroffene Gemeinde im Deutschen Reichsgebiet. Die Kirchengemeinde versucht mit der Eröffnung des Jugend- und Wohlfahrtshauses Botzlar ihren Teil zur Besserung der Verhältnisse beizutragen, bleibt aber wegen der geringen eigenen finanziellen Mittel auf Spenden aus anderen Kirchengemeinden des Konsistoriums und des Gustav-Adolf-Werkes angewiesen. In dieser Zeit ziehen viele Bürger aus Selm fort und verlassen damit auch die Kirchengemeinde. Selm wird in der Folgezeit immer mehr radikalisiert. Das kirchliche Leben geht immer mehr zurück.

Der Einfluss des Nationalsozialismus in der evangelischen Gemeinde währte nur eine kurze Zeit. Im Januar 1935 wurde von Seiten des Presbyteriums die Bekenntnissynode von Barmen anerkannt. Rund 600 Gemeindeglieder traten der "Bekennenden Kirche" namentlich bei. Allerdings wurde wie überall das Versammlungsrecht z.B. der Frauenhilfe stark eingeschränkt, Sach- und Geldsammlungen durften nicht durchgeführt werden und Versammlungen außerhalb der kirchlichen Räumlichkeiten wurden untersagt. Darüber hinaus musste das Wohlfahrtsamt in der Burg Botzlar dem NS - Wohlfahrtsverband übergeben werden. Nach dem 2. Weltkrieg wuchs die evangelische Gemeinde wieder stark an. Zum einen bedingt durch zahlreich Wiedereintritte in die Kirche, vor allem aber durch die Ansiedlung von rund 1.200 Flüchtlingen, überwiegend aus Ostpreußen und Schlesien, in Selm und Bork. Anfang der 50er Jahre wird beschlossen, eine zweite Pfarrstelle einzurichten, auf die im September 1951 Pfarrer Werner Sanß gewählt wird. Außerdem wird ein Kirchengebäude für den Stadtteil Bork errichtet.

Die St. Trinitatiskirche in Bork konnte am 4. Oktober 1954 von Pfarrer Walter Gerhard, dem ersten Pfarrer im Pfarrbezirk Bork, eingeweiht werden, und feierte bereits ihr 50jähriges Jubiläum. Die "Notkirche" an der Kreisstraße wurde mit den Jahren immer renovierungsbedürftiger. Ferner war nach dem Kirchenbau in Bork auch ein zentrales Gemeindezentrum für den Gemeindeteil Selm geplant. Der Kirchengemeinde gelang es, ein Grundstück am Marktplatz zu erwerben. Hier wurde dann 1967 der Grundstein für das Gemeindezentrum am Markt gelegt, das am 18. Mai 1969 eingeweiht werden konnte. Kurze Zeit später konnte auch der Siloah - Kindergarten eröffnet werden.

 

Bereits im Jahre 1967 konnte das Walter-Gerhard- Haus in Bork von der Gemeinde genutzt werden. In den 80er Jahren wurde dann noch ein Anbau hinzugefügt. Der Kindergarten an der Humboldtstraße vervollständigte die Bautätigkeiten der Gemeinde zum heutigen Stand.

Die Kirchengemeinde Selm bietet eine offene und einladende Gemeindestruktur an, die den verschiedensten Ansprüchen und Altersgruppen gerecht wird. Von der Kinder- und Jugendarbeit, von Angeboten für psychisch kranke Menschen und Selbsthilfegruppen, die Zussamenarbeit mit der Unnaer Tafel bis hin zu Bastel-, Tanz- und Seniorenveranstaltungen stehen die Räumlichkeiten der Kirchengemeinde allen Menschen in Selm offen. Wir würden uns freuen, auch Sie bei uns begrüßen zu dürfen!
Abriss des Walter-Gerhard- Haus ( 07.07.2020 )

Im Zuge dessen wurde an der St. Trinitatiskirche ein Anbau gebaut und die Kirche renoviert - Einweihung Himmelfahrt 2022.