Gottesdienst am letzten. Sonntag nach Epiphanias, 31.01.2021

Erstellt am 28.01.2021

Liebe Leserinnen und Leser, noch immer können wir nur in der Distanz miteinander Gottesdienst feiern. Entzünden Sie eine Kerze, kommen Sie zur Ruhe. Wenn Sie möchten können Sie zwischendurch Musik hören. Liedvorschläge finden Sie am Ende.

Wochenspruch

Über dir geht auf der HERR und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Jes. 60, 2

 

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

 

Eingangsgebet

Himmlischer Vater, du hast uns in deinem Sohn Jesus Christus Anteil an deiner Liebe geschenkt. Sie dürfen wir heute schon spüren, sie sollen wir hier und jetzt schon leben.

Darum bitten wir dich: Auch in Zeiten, in denen unser Glaube besonders herausgefordert ist,

gib uns Hoffnung für die Zukunft, Liebe für unseren Nächsten und offene Augen

für deine Wunder.

Dein Reich ist mitten unter uns, schon jetzt hier und da und von Zeit zu Zeit und dereinst vollkommen, wenn du alles neu machen wirst. Amen

 


Predigttext 2. Petrus 1, 16 - 19

Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus, sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen.

Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.

Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.

Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.

 

Glaubensbekenntnis

 

Predigt

Liebe Leserinnen und Leser!

Am Dienstag vergangener Woche wurde Joe Biden in sein Amt als amerikanischer Präsident eingeführt. Viele haben diesen historischen Moment im Fernsehen, im Radio oder in den sozialen Medien verfolgt. Die Inszenierung war groß und würdevoll. Nicht der Präsident stand im Mittelpunkt, sondern die Demokratie und die Werte, die Amerika geprägt haben und eine Basis bilden, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen und gemeinsam in die Zukunft zu gehen.

Besonders beeindruckt hat mich die die junge Poetin Amanda Gorman mit ihrem Gedicht: The Hill we climb // Der Hügel, den wir erklimmen.

Das Gedicht beginnt mit den Worten:

„Wenn es Tag wird, fragen wir uns,

wo wir Licht zu finden vermögen,

in diesem niemals endenden Schatten?“

Es geht in ihrem Gedicht um Licht und Schatten, um Morgendämmerung – um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Amanda Gorman verbindet ihre eigenen Erfahrungen mit der Geschichte Amerikas.

Sie erinnert als Tochter einer schwarzen, alleinerziehenden Frau an den amerikanischen Traum, genauso wie an den Traum Martin Luther Kings und die Vision, „ein Land zu bilden, das sich allen Kulturen, Farben, Charakteren und menschlichen Lebensverhältnissen verpflichtet fühlt“

Ihre Worte sind prophetisch – im Wissen um die Vergangenheit und die Probleme der Gegenwart wirft sie den Blick nach vorn: „Wir schließen die Kluft, weil wir wissen, dass wir, um unsere Zukunft an erste Stelle zu setzen, zuerst unsere Unterschiede beiseitelegen müssen. Wir legen unsere Waffen nieder, damit wir unsere Arme nacheinander ausstrecken können.“-

Aus ihrem Bild eines geeinten Amerikas spricht eine große Sehnsucht, aber auch Hoffnung: Und so schließt ihr Gedicht mit den Worten:

„Wenn der Tag kommt, treten wir aus dem Schatten heraus, entflammt und ohne Angst. Die neue Morgendämmerung erblüht, wenn wir sie befreien. Denn es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein.“

Das berührt mich.

Es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind es zu sehen und es zu sein.

Das passt gut zum letzten Sonntag nach Ephiphanias. Mit diesem Sonntag endet der Weihnachtsfestkreis.

Auch der Predigttext ist wortgewaltig – ein Gedicht. Auch hier geht es um Licht und Schatten und um die anbrechende Morgendämmerung. Um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – einige Parallelen also zu Amanda Gorman und ihrer Botschaft an Amerika und die Welt, die vor so vielen Herausforderungen stehen.

Auch der Verfasser des 2. Petrusbriefs greift auf Erzählungen, auf Vergangenes zurück – er erinnert seine Leser an ihre Identität, an die erlebten und bezeugten Erfahrungen mit Jesus Christus, die ihren Glauben bis heute bestimmen und eine Perspektive eröffnen über die Gegenwart hinaus.

Denn er weiß, wie verunsichert die Christen seiner Zeit sind. Mehr als 100 Jahre sind vergangen, seit Paulus seine Briefe geschrieben hat. Damals lebte man noch in der Erwartung, dass Jesus bald wiederkommen wird. Jetzt aber werden Zweifel laut: „Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Was haben wir überhaupt von unserm Glauben an Jesus, wenn doch alles beim Alten bleibt?“ Dazu kommen Vorwürfe und Spott von außen: - Das was ihr da glaubt, das sind doch nur „ausgeklügelte Fabeln.“ Fake news. Das kann doch gar nicht wahr sein! Wem kann man noch glauben? Und was trägt?

Tiefe Verunsicherung kennen wir auch, auch hier in Europa, besonders seit Corona. In unserer Gesellschaft, in unserer Kirche. Bei uns selbst. Was gilt überhaupt noch, worauf ist Verlass? Und was können wir denen entgegensetzen, die das Ziel haben, Identitäten und tragende Strukturen zu schwächen bzw. aufzulösen?

Selbstvergewisserung tut Not.

Das hat Amanda Gorman erkannt und bietet sie dem amerikanischen Volk in ihrem Poem.

Und auch der Verfasser des 2. Petrusbrief. Er spürt die tiefe Verunsicherung und will nun die Christen in ihrem Glauben, in ihrer durch Christus bestimmten Identität bestärken. Denn darin liegt die Kraft, die sich in unserem Leben entfalten will.

Um das deutlich zu machen, bedient sich der Verfasser des 2. Petrusbrief der Autorität des Petrus und macht sich dessen Bekenntnis zu eigen: Jesus ist keine kreativ ersonnene Kunstfigur. Sondern Jesus ist der Christus! Das bekennt Petrus. Und die vielen Geschichten, die sich Menschen von Jesus erzählen, bezeugen es auch: In Jesus hat Gott der Welt sein Gesicht gezeigt!

In unserem Predigttext erzählt der Briefschreiber eine dieser Geschichten und er erzählt sie so, als wäre er selbst dabei gewesen, ja, er macht sich diese Glaubenserfahrung zu eigen, weil sie seinen Glauben geprägt und gestärkt hat. Mit der Autorität eines Augenzeugen, der selbst dabei war, bezeugt er: Das ist wirklich geschehen. Damals auf dem Berg, da hat sich Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, zu Jesus als seinem Sohn bekannt. Da haben wir seine Herrlichkeit mit eigenen Augen gesehen. Und wir haben seine Stimme gehört: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Und weil das wahr ist und ich das bezeuge, darum könnt auch ihr euch auf ihn verlassen!

Und mit hinaufgehen auf den Berg der Verklärung und die Kraft und die Herrlichkeit spüren und mit eigenen Augen sehen.

Euch also mit hineinnehmen lassen in diese Glaubens-Geschichte, sie euch aneignen, zu eurer eigenen machen. Denn es ist auch eure Geschichte. Auch euch hat sich Gott in diesem Menschen Jesus gezeigt. Und er ist auch an eurer Seite.

 Bis heute lassen wir uns in diese Glaubens-Geschichte mit hineinnehmen. Wir schreiben uns in diese Geschichte ein: Wenn wir Weihnachten feiern und uns auf den Weg zur Krippe machen, wenn wir Psalmen beten, uns dieser alten Worte bedienen, um eigene Erfahrungen vor Gott zu bringen, wenn wir Abendmahl feiern, uns einladen lassen von Jesus selbst und Brot und Wein miteinander teilen, wenn wir das „Fürchte dich nicht“ als persönliche Zusage hören oder wenn wir Gottes Spuren entdecken in unserm Leben und uns unter den Segen Gottes stellen.

Wir schreiben uns hinein in die große Erzählung Gottes mit uns Menschen, mit unseren eigenen Erfahrungen und Empfindungen. Es ist auch unsere Geschichte, unsere Identität, an die der Verfasser des 2. Petrusbrief da erinnert.

Sich das immer mit hineinnehmen lassen, sich der eigenen in Christus gegründeten Identität zu vergewissern, das gibt Kraft und eröffnet den Blick nach vorn:

„Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als ein Licht, das scheint an einem dunkeln Ort, bis der Tag anbricht.“

Die Hoffnung ist da. Und die Zuversicht. Dass Gott uns nicht allein lässt. Sondern mit uns ist, auch wenn es um uns dunkel und vernebelt ist. Sein Licht scheint –schon jetzt

da, wo Menschen füreinander einstehen

da, wo wir uns umeinander kümmern

da, wo wir vertrauen auf den, der das Licht ist

und unsere Erfahrungen miteinander teilen,

da, wo wir ein Licht anzünden –

vielleicht auch ganz praktisch, wenn wir uns an der Aktion #Lichtfenster beteiligen. Und abends zur Dämmerstunde ein Licht ins Fenster stellen, als Zeichen der Trauer um die vielen Corona-Toten und des Mitgefühls.

Zum Schluss noch einmal Amanda Gorman:

Wenn der Tag kommt, treten wir aus dem Schatten heraus, entflammt und ohne Angst.

Die neue Morgendämmerung erblüht, wenn wir sie befreien.

Denn es gibt immer Licht, wenn wir nur mutig genug sind, es zu sehen,

wenn wir nur mutig genug sind, es zu sein.

Darum achtet auf das Wort als ein Licht,

bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen.

Amen.

Fürbittengebet

Gott, du bist Liebe.
Darum bitten wir für all die Kinder, die geboren werden und kaum Chancen zum Leben haben, weil sie in Armut und Elend, in Krieg und Zerstörung auf die Welt kommen.

Gott, du bist Liebe.
Darum bitten wir für alle die Ehepaare, Lebensgemeinschaften und Familien, die versuchen,
miteinander klar zu kommen und beieinanderbleiben wollen, auch wenn es schwierig wird.
Hilf ihnen, dass es ihnen gelingt, einander nah zu sein und sich Zeit zu schenken.

Gott, du bist Liebe.
Darum bitten wir für die Einsamen und Alleingelassenen. Lass sie deine Zuwendung erfahren
und segne sie.

Gott, du bist Liebe.
Darum bitten wir für alle, die um ihres Glaubens willen verfolgt werden, die Spott und Anfeindung erleben. Stärke sie mit deinem Geist.

Gott, du bist Liebe.
Darum bitten wir für uns, dass wir die Hoffnung nicht verlieren,
sondern immer noch von dir und von uns selbst etwas erwarten. Amen.

 

Vater unser

Segen

Gott segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen

 

Liedvorschläge:

EG 450 Morgenglanz der Ewigkeit

EG 409 Gott liebt diese Welt

EG 379 Gott wohnt in einem Lichte