Gottesdienst am Sonntag Judika, 21. März 2021

Erstellt am 20.03.2021

Wochenspruch

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele. (Mt. 20, 28)

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Eingangsgebet

Jesus Christus, am Kreuz warst du mit uns solidarisch bis in den Tod.

Wenn uns das Leben herausfordert,

wenn wir Schicksalsschläge ertragen müssen,

die uns an den Rand des Lebens drängen

und uns verzweifeln lassen, dann wollen wir das nicht vergessen.

Du teilst alles, was uns bewegt.

In guten wie in schlechten Zeiten lässt du uns nicht fallen.

Deine Treue will uns vor dem Aufgeben bewahren.

Hilf uns, das zu erkennen und daraus Mut zu schöpfen!

Hilf uns, das zu leben und es zu einer frohen Botschaft für andere werden zu lassen.

Damit dein Reich komme. Jetzt! Und in Ewigkeit! Amen.

Predigttext Hiob 19, 19 - 27

19 Alle meine Vertrauten verabscheuen mich, und die ich liebte, haben sich gegen mich gewandt. 20 An meiner Haut und meinem Fleisch klebt mein Gebein, und ich habe kaum noch Haut, um meine Zähne zu behalten. 21 Erbarmt euch, erbarmt euch doch über mich, ihr, meine Freunde, denn die Hand Gottes hat mich getroffen! 22 Warum verfolgt ihr mich ebenso wie Gott und werdet nicht satt, mich zu zerfleischen? 23 O dass doch meine Worte aufgeschrieben, o dass sie doch in ein Buch eingetragen würden, 24 dass sie mit eisernem Griffel und Blei für immer in den Felsen gehauen würden: 25 Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und zuletzt wird er sich über den Staub erheben. 26 Und nachdem diese meine Hülle zerbrochen ist, dann werde ich, von meinem Fleisch los, Gott schauen; 27 ja, ich selbst werde ihn schauen, und meine Augen werden ihn sehen, ohne [ihm] fremd zu sein. Danach sehnt sich mein Herz in mir!

Glaubensbekenntnis

Predigt

Liebe Leserinnen und Leser!

Hiob … schon allein der Name lässt bei jenen, die sich ein wenig mit biblischen Geschichten auskennen, ein leichtes Unwohlgefühl aufkommen. Er steht für unschuldiges, unendliches Leid und für die Frage aller Fragen: Warum es dieses Leid überhaupt gibt, wenn doch Gott der Herr der Welt ist. Es sind Fragen, die wir alle uns sicher schon einmal gestellt haben – in mehr oder weniger leidvollen Momenten … Fragen, die an das tiefste Urvertrauen rühren und uns das Gefühl von Sicherheit nehmen, dass wir uns im Leben so sehr wünschen und versuchen aufzubauen. Hiob steht für alles, das uns den Boden unter den Füßen wegreißen kann. Meist verdrängen wir, dass es jede/n unter uns jederzeit treffen kann. Und dass es oft keinen Sinn ergibt, warum wer ausgerechnet in diesem Moment vom Leben herausgefordert wird. Sicher, es gibt Leid, das Schuldige kennt … Menschen, die anderen etwas antun, Wunden schlagen. Aber warum sie das tun, warum sie so geworden sind, das bleibt uns oft verborgen. Ebenso wie die Antwort auf die Frage, warum Gott das Leid überhaupt zulässt.

Nun befinden wir uns in der Passionszeit und da sollte es uns nicht wundern, wenn wir mit den unangenehm brisanten Seiten unseres Glaubens konfrontiert werden. Hiob stellt Fragen, denen wir angesichts des Kreuztodes Jesu auch im Hinblick auf das Heilsgeschehen nicht ausweichen können. Die Geschichte auf Golgatha bezieht ja schließlich uns alle mit ein, sie führt zu einer persönlichen Betroffenheit einer/eines jeden unter uns. Das heißt, ich kann mich ihr nicht entziehen. Ebenso wenig wie ich mich dem Leben und seinen Herausforderungen entziehen kann. Es nützt nichts: Wir haben uns beidem zu stellen, der Passion Jesu Christi und den leidvollen Erfahrungen, denen wir nicht ausweichen können. So wie Hiob seinem Schicksal begegnen muss. Und es in bewundernswerter Weise auch tut! Er fordert Erklärungen! Gott soll sich für das, was er erleiden muss, rechtfertigen. Für dieses Ziel nimmt er sogar in Kauf, sein Leid der Öffentlichkeit preiszugeben. Wenn man bedenkt, dass Schicksalsschläge mit Vergehen der Betroffenen oder deren Vorfahren erklärt wurden, kann man sich vorstellen, welchem Druck er sich damit aussetzt. Der erste Vers bringt seine Gemütslage deutlich zum Ausdruck: “Alle meine Vertrauten verabscheuen mich, und die ich liebte, haben sich gegen mich gewandt.” Wie einsam muss er sich fühlen …?! Immerhin drei Freunde bleiben ihm treu, auch wenn Sie ihn nicht wirklich verstehen.

“Ich weiß, dass mein Erlöser lebt …” Ich finde es erstaunlich, dass Hiob einen solchen Satz spricht. In seiner Situation scheint er nicht nur von Wut und Zorn getrieben zu sein, es ist immer noch Hoffnung in ihm, wenn sich die auch auf das Jenseits bezieht. Ob sich darin eine Art Fluchtgedanke artikuliert? Sehnt er sich vielleicht danach, dass seine “Hülle zerbrochen” werde und er endlich “Gott schauen” kann? Bei Hiob scheint mir noch etwas anderes eine Rolle zu spielen. Er will Gott von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten! Vielleicht auch, um ihn dann endlich zur Rede stellen zu können? Das wäre eine wahrscheinlich eine falsche Hoffnung, eine falsche Motivation zur Erlösung.

Dieser Sonntag heißt “Judika”. Der Name leitet sich ab von der lateinischen Übersetzung eines Verses aus Psalm 43: “Judika me, Deus” … Gott, schaffe mir Recht! Hiob könnte ihn gebetet haben. Immerhin wendet er sich nicht von Gott ab! Auf seine Weise bleibt er ihm treu. Insofern hat der Satan seine Wette mit Gott in der Tat verloren. Denn Hiob hat nicht aufgegeben. Weder sich noch seinen Schöpfer! Ich denke, das ist vielleicht ein Hinweis darauf, was uns das Buch mitgeben will: Es ist besser, gegen Gott zu kämpfen als ohne ihn zu sein. Es ist besser, ihn zur Rechenschaft ziehen zu wollen als ihm mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Es ist besser, ihn bei allen Fragen und Zweifeln im Leben einzubeziehen als ihn außen vor zu lassen. Die Frage nach dem Leiden wird am Ende des Buches tatsächlich nicht beantwortet! Vielleicht gibt es keine?! Wie dem auch sei, es bleibt ein bohrender Stachel. Was hilft? Vielleicht doch der Blick aufs Kreuz am Karfreitag. Dort wird deutlich, dass auch Gott dieses Leid nicht fremd ist. Den Schmerz, den wir zu ertragen haben, dürfen wir auch mit ihm teilen in dem Wissen, dass er ihn nachempfinden kann. Das kann uns helfen, ihn zu überwinden … oder zumindest mit ihm zu leben. Geben wir Gott also nicht auf! Ebenso wenig wie das Leben! Amen

Fürbittengebet

Herr,

wir bitten dich:

Für die Opfer von Folter und Gewalt, dass ihre Peiniger ein Einsehen haben

und mit ihren Misshandlungen aufhören; dass tiefe Wunden an Leib und Seele heilen können und nicht zum Grund für Vergeltung werden.

Für die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft, dass sie immer wieder den Mut finden,

Fehler einzugestehen; dass sie ein Gespür für diejenigen entwickeln, für die sie Sorge zu tragen haben und Entscheidungen treffen können, die dem Wohle aller dienen.

Für die Kranken und Traurigen, dass sie jemanden finden, der sie begleitet, für sie sorgt

und auch dann bei ihnen bleibt, wenn es schwierig wird.

Für uns, dass wir den Mut finden, in deinem Sinne zu reden und zu handeln,

auch dann, wenn wir damit gegen den Strom schwimmen. Amen.

Vater unser

Segen

Gott segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. Amen

Liedvorschläge:

EG 97 Holz auf Jesus Schulter

EG 361 Befiehl du deine Wege

EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr