Gottesdienst Buß- und Bettag

Erstellt am 19.11.2020

Musik zum Eingang

Begrüßung

Buß- und Bettag 2020 – wir kommen zum Beten zusammen. „Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt“ sagt Jesus seinen Jüngern.

Wir beten um Zukunft – für unsere Welt in diesen „Corona-Zeiten“. Wir beten um Zukunft für die Erkrankten auf der Welt und für die Gefährdeten und die Heraus- und Herumgeworfenen. Wir beten um Zukunft für die, die wir kennen und nicht zuletzt auch um uns selbst.
Wir beten um einen Neuanfang mit Gott und bringen vor ihn, was uns belastet.
Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein.
Abkündigungen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. 

Lektorin:
Wie gut, dass es Schalter gibt. Manchmal merkt man das erst, wenn sie kaputt gehen. Im Treppenhaus geht das Licht nicht mehr aus. Schalter defekt. Kein Ein, kein Aus. Dauerlicht. Jetzt muss man die Sicherung raus drehen. Auch sonst: Wir sind gewohnt, alles zu regeln. An und Aus. On oder Off. Das macht vieles überhaupt erst möglich. Und dann geschehen Dinge, die nicht zu regeln sind. Ein Virus zum Beispiel. Ohne Schalter. Unberechenbar. Und wir wissen schnell nicht mehr weiter. Manchmal wünsche ich mir einen Off-Schalter für die ganze Corona Pandemie. Manchmal wünsche ich mir einen On-Schalter, wenn ich mich kraftlos fühle und leer. Energie und Hoffnung, bitte jetzt! Und manchmal wird die Suche nach dem richtigen On oder Off auch zum Gebet. Lieber Gott, bitte leg den Schalter um, für mich, für uns.

Wie wird die Zukunft – off oder on, hell oder dunkel?
Wir bitten Sie, den Satz: Meine Zukunft ist … zu ergänzen. So wie sie es im Augenblick denken und fühlen.

Lied: Meine engen Grenzen Strophe 1 (EG 600)
Gott, seit 9 Monaten leben wir jetzt schon mit der Corona-Pandemie. Sie setzt uns oft enge Grenzen, nimmt uns den Weitblick, lässt uns oft am Alltag verzweifeln.
Wir bitten: Herr, erbarme dich

Strophe 2
Gott, wir fühlen uns ohnmächtig, manchmal denken wir, die Zukunft ist verschlossen und dunkel. Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit sehnen wir uns nach Zuversicht und Stärke.
Wir bitten: Herr, erbarme dich 

Strophe 3
Gott, Ängste machen uns das Leben schwer, wir fragen uns: Wann wird das Leben wieder so wie früher? Welchen Schalter können wir umlegen.
Wer gibt uns Geborgenheit und Sicherheit?
Wir bitten: Herr, erbarme dich

Strophe 4
Was Gott uns in der Taufe gegeben hat, Vergebung der Sünden und Befreiung von der Macht des Bösen, das wird uns auch heute neu geschenkt.
Der allmächtige Gott, der euch eure Sünden vergibt, gebe euch neue Zukunft, Kraft, nach seinem Willen zu leben und Gnade zum ewigen Leben. Amen

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude (H + E 99)

Lektorin: Lesung 

Hinführung:
Der Prophet Jona bekommt von Gott einen Auftrag: Er soll nach Ninive gehen und den Menschen dort sagen, dass Gott die Stadt vernichten will.
Jona flieht vor diesem Auftrag, mit dem Schiff versucht er, vor Gott zu flüchten.
Ein Sturm kommt auf, Jona wird ins Meer geworfen und von einem Fisch gefressen. Drei Tage und Nächte sitzt er im Bauch des Fisches, dann wird er ausgespuckt und kommt an Land.
Dann geschieht folgendes:
Predigttext Jona 3, 1 – 10
 Zum zweiten Mal erging das Wort des Herrn an Jona, er sagte zu ihm:
2 »Geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe dort aus, was ich dir auftrage!«
3 Diesmal gehorchte Jona dem Herrn und ging nach Ninive. Die Stadt war ungeheuer groß; man brauchte drei Tage, um von einem Ende zum andern zu kommen.
4 Jona ging eine Tagesreise weit in die Stadt hinein, dann stellte er sich hin und rief: »Noch vierzig Tage und Ninive ist ein Trümmerhaufen!«
5 Die Leute von Ninive setzten ihre Hoffnung auf Gott. Sie beschlossen zu fasten; und alle, Reiche wie Arme, legten zum Zeichen der Reue den Sack an.
6 Jonas Botschaft war nämlich dem König von Ninive gemeldet worden. Der stieg von seinem Thron, legte den Königsmantel ab, zog den Sack an und setzte sich in die Asche.
7 Er ließ in der ganzen Stadt ausrufen: »Hört den Befehl des Königs und seiner Minister: ›Niemand darf etwas essen oder trinken, weder Mensch noch Rind noch Schaf!
8 Menschen und Vieh sollen den Sack anlegen und laut zu Gott rufen. Alle sollen von ihrem bösen Weg
umkehren und aufhören, Unrecht zu tun.
9 Vielleicht lässt Gott sich umstimmen. Vielleicht können wir seinen schweren Zorn besänftigen und er lässt uns am Leben.‹«
10 Gott sah, dass sie sich von ihrem bösen Treiben abwandten. Da tat es ihm leid, sie zu vernichten, und er führte seine Drohung nicht aus.
Amen

Glaubensbekenntnis
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen,  die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern auf ihn verlassen.
In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete
und verantwortliche Taten wartet und antwortet. Amen.

Lied: Meine Hoffnung und meine Freude (H + E 99)

Predigt:
Liebe Gemeinde,
Jonas Predigt ist kurz. Jedenfalls gemessen an dem Aufwand, den er getrieben hat, um diese Predigt nicht halten zu müssen. Es war ja schon der zweite Anlauf.
Beim ersten Mal hat Jona sich gedrückt vor der Predigt, ist geflohen vor Gott.
3 Tage und Nächte im Bauch des Fisches sind Symbol für den totalen Untergang, toter als tot kann man nicht sein. Da gibt es keine Hoffnung mehr.
Die Zukunft ist off.
Doch die Geschichte geht weiter: Jona wird gerettet
Am Ende dann der Entschluss. Er willigt endlich ein:
Meine Gelübde will ich erfüllen dem Herrn, der mir geholfen hat.
Jona geht in diese riesige Stadt, begibt sich direkt in die Höhle des Löwen, ins Zentrum der Macht und predigt im Auftrag Gottes:
Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.
Zukunft – off! Vorbei. Aus. Ende. Schluss.
Ihr könnt aufhören mit euren Paraden und Palastbauten, mit schamlosem Schunkeln und aberwitziger
Großmannssucht.
Eure Investitionen werden sich nicht mehr auszahlen und eure Aktien werden keine Gewinne mehr abwerfen.
Eure Pläne könnt ihr in den Schubladen lassen, eure Terminkalender haben keinen Sinn mehr.
Eure Urlaubsanträge sind umsonst und eure Reiserücktrittsversicherungen habt ihr vergeblich abgeschlossen. Euren Rentenantritt werdet ihr nicht mehr erleben.
Noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Jona predigt das Ende der Zukunft.
Zukunft – off! Vorbei. Aus. Ende. Schluss.

„Warum sollen wir lernen für eine Zukunft, die es vielleicht gar nicht mehr gibt?“, fragten die Schüler*innen bei „Fridays- For-Future“ - Demos.
Die meisten Menschen können sich das nicht vorstellen: dass es keine Zukunft gibt.
Wenn nicht für sich selbst, dann doch für die Kinder, Enkel, die Welt.
Deshalb ist es ja auch so schwer vorstellbar, dass der Klimawandel das Ende der Zukunft sein könnte, wenn sich nichts ändert.
Deshalb ist auch so schwer vorstellbar, dass ein kleiner Virus die große Welt ans Ende bringen könnte, Unternehmen in die Insolvenz treibt, Aktienkurse zum Sinken und Gesundheitssysteme zum Schwanken bringt.
Zukunft – off! Vorbei. Aus. Ende. Schluss.
Für einige hier, viele auf der Welt scheint das Realität geworden zu sein:
Für den Wirt, der das Gasthaus von den Eltern und Großeltern übernommen hat, und nun aufgeben muss.
Für das junge Mädchen mit den glänzenden Zukunftsaussichten.  Sie hat „Corona“ überlebt, aber es bleibt ihr nur ein Lungenflügel.  Die geplante und erträumte Zukunft fühlt sich dann an wie: Zukunft – off! Vorbei. Aus. Ende. Schluss.
Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, groß und klein, den Sack zur Buße an.
Wir ziehen alle – groß und klein – Masken an.
Und für manche ist der Lockdown mit seinen Restaurantschließungen wie eine Fastenzeit.
Die Schutzkleidung des Pflegepersonals in den Krankenhäusern und Pflegeheimen aber mit der Bußkleidung von Ninive zu vergleichen, scheint dann doch zu weit hergeholt.
Was aber vergleichbar ist: dass die Menschen in Ninive und wir heute mit allen Mitteln versuchen, sich der Gefahr entgegenzustellen.
Wir haben das gleiche Ziel: Die Zukunft offen zu halten.
Das kann nur in einer gemeinsamen Anstrengung, mit gemeinsamen und von allen getragenen Maßnahmen sein. Das haben wir – zumindest in Europa – begriffen.
Die Leute von Ninive geben ihrem Maßnahmenkatalog so etwas wie ein Vorwort, einen Rahmen.
Sie setzen alle ihre Anstrengungen in ein Verhältnis zu Gott.
Wörtlich heißt es: Aber die Leute von Ninive setzten in Gott Vertrauen.
Der König fordert die Leute von Ninive auf zur Buße und Umkehr in der Hoffnung:
Wer weiß? Vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.
Die Chance der Krise liegt in der Möglichkeit zur Umkehr.  In Ninive wie heute:
„System reset“, übersetzt der Zukunftsforscher Matthias Horx die alten Wort Buße und Umkehr.
Er meint in der Virus-Pandemie eine Botschaft zu erkennen:
„Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine
bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt.“
Viele sehen die Zukunft nur offen, wenn die Menschheit, wenn wir uns ändern.
Es geht darum, als Einzelne zur Besinnung zu kommen und als Gesellschaft.
Ob es um unsere Lebensträume geht oder um den Urlaub auf dem Kreuzschiff; ob um globale Lieferketten oder die Privatisierung von Krankenhäusern.

Selbst die sogenannte „Fleischindustrie“ ist durch den Virus in den Fokus gekommen und führt zu Forderungen nach Umkehr, nach Änderung von Arbeitsbedingungen und mehr.

„Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen, so sieht es ein Philosoph.
Wir sind als Menschen angewiesen auf andere, das haben wir in der Corona-Krise hautnah erfahren.
Angewiesen auf Menschen in den Pflegeberufen, in der Bildung, auch in den Regierungen, die Entscheidungen treffen, die alle betreffen. Wir sind als Menschen „Angewiesene“ – und ich sage damit - auf Gott Angewiesene.
Als aber Gott sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat’s nicht.
Im Jonabuch schauen wir von der Zukunft aus, von der Perspektive Gottes aus auf uns Menschen. Wir sind Menschen und können nicht wissen, was Gott denkt und tun
wird. Aber wenn wir es könnten, wenn wir uns in die Zukunft
Gottes versetzten und auf uns heute schauen könnten, dann würden wir „erkennen“ wer wir sind: Angewiesene, auf Gottes Gnade angewiesene Geschöpfe. 

Jonas Predigt ist kurz. Jedenfalls gemessen an der Wirkung, die sie erzielt hat:
eine ungeahnte Umkehr einer ganzen Stadt, und zwar der bösesten aller vorstellbaren Städte.
Gepredigt hat er das „Off“, das Aus und Vorbei jeglicher Zukunft:
Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.
In dieser Hinsicht hat Jona als Prediger am Ende falsch gelegen – oder um es mit einem aktuellen Wort zu beschreiben: seine Predigt ist dem „Präventionsparadox“ zum Opfer gefallen:
Die Predigt war wirksam, gerade weil nicht eingetreten ist, was er gepredigt hat.
Hätte er nicht gepredigt, wäre Ninive „untergegangen“.
Weil er aber gepredigt hat, haben die Menschen in Gott ihr Vertrauen gesetzt und sind umgekehrt und Gott schenkt neue Zukunft geschenkt.
Ich wusste, dass du gnädig barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und lässt dich des Übels gereuen, wirft Jona am Ende Gott vor.
Deswegen wollte er ja gar nicht erst nach Ninive und predigen.
Wozu das Gesetz, das Gericht predigen, wenn Gott am Ende doch Gnade wirkt?
Allein unter einem verdorrten Strauch wünscht Jona sich zum zweiten Mal in dieser Geschichte den Tod.
Doch damit kommt er bei Gott nicht an.  Gott will Zukunft für alle und rückt ihn zurecht.
Am Ende des Jonabuchs zeigt sich Gott als einer, der sich all seiner Geschöpfe erbarmt: Es jammert ihn der Gottesfürchtige genauso, wie all jene, die nicht wissen „was rechts und links ist“, die nicht wissen, wie es weitergeht.
Gott schenkt uns seine Gnade und Barmherzigkeit und Vergebung.
Deshalb gilt auch am Buß- und Bettag 2020: Die Zukunft ist offen.
Amen.

Lied: Da wohnt ein Sehnen tief in uns (H+E 209)

Fürbittengebet
Gott, wir danken wir dafür, dass du uns deine Zukunft offenhältst.
Wir bitten dich für die Zukunft, die wir in deinen Händen wissen:
Schenke Gelassenheit, anzunehmen, was wir nicht ändern können:
was uns als Aufgabe im Leben gegeben wurde; wer uns als Nächster und Nächste begegnet;
wo wir an die Grenzen unserer Kraft und unseres Lebens kommen. 

Gib Mut, zu ändern, was uns zu ändern möglich ist:
Denen eine Stimme zu geben, deren Stimmen nicht gehört werden.
Denen beizustehen, die unsere Hilfe brauchen;
Denen Wege zu ebnen, denen die Zukunft schwer gemacht wird.
Gib Weisheit beides zu unterscheiden und Kraft aus deinem Wort zu schöpfen.
Deine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Darauf setzen wir unsere Hoffnung. Amen. 

Vaterunser
Segen
Musik zum Ausgang