Gottesdienst am 20. September 2020 15. Sonntag nach Trinitatis

Erstellt am 19.09.2020

Wochenspruch (1. Petrus 5,7):
Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

Eingangspsalm (Psalm 127,1-2):
Wenn der HERR nicht das Haus baut,
so arbeiten umsonst, die daran bauen.
Wenn der HERR nicht die Stadt behütet,
so wacht der Wächter umsonst.
Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht
und hernach lange sitzet
und esset euer Brot mit Sorgen;
denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf. 

Gebet:

Gott des Himmels und der Erde,
du bist alle Tage bei uns.
Bei dir sind wir geborgen.
Nimm uns die Angst.
Gib uns die Kraft, den Sorgen zu widerstehen.
Wir loben dich mit unserem Glauben
heute und alle Tage. Amen.

Predigt (über 1. Mose 2,4b-9.15):

 Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. 5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. 9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. 

Grafik: Mester

 

„And I think to myself, what a wonderful world.“ Und ich denke mir, was für eine wundervolle Welt. So staunt Louis Armstrong über diese unsere Welt, liebe Gemeinde. So staunen hoffentlich auch wir, immer noch und immer wieder. So staunt der Mensch, den Gott wie ein Künstler gleichsam in Handarbeit aus Staub von der Erde, aus Erde vom Acker, gemacht hat: Adam.

Adam, das ist der Mensch schlechthin; m/w/d. Und dieser Adam ist gemacht aus „adama“, aus Erde. Ein Wortspiel, ja. Aber kein Witz. Sondern Ausdruck fast schon westfälisch anmutender Bodenhaftung, um Adam, um uns, ja nicht abheben zu lassen! Der Mensch, der sich so gerne als Krone der Schöpfung sieht, nicht mehr und nicht weniger als ein Haufen Erde, belebt durch Gottes Atem. Er mag noch so klug und gebildet sein, heldenhaft und majestätisch, einflussreich und mächtig – er ist und bleibt dennoch ein Erdling. „Von Erde bist du genommen, zu Erde sollst du wieder werden“: eine heilsame Erinnerung gegen jedweden Größenwahn und wider alle Allmachtsphantasien, die Menschen hegen und pflegen können...

Der Mensch: ein Erdling. Und die Erde ist auch der Ort, an dem Adam, der Mensch, lebt und wirkt, wo er Raum hat, wo er beheimatet ist. Diese Erde, also die Welt, wie wir sie kennen. Fruchtbar ist sie, Wasser fließt, und Pflanzen und Bäume wachsen auf ihr. Wahrlich paradiesisch, wie ein Garten. Und siehe, es war gut: So ist die Einschätzung dieses Ortes. Gut, hebräisch „tow“, töffte also; die Erde taugt was, ist prima geeignet für das, was sie sein soll: Lebensraum für Adam. Und auch das muss uns, muss Adam, anscheinend extra gesagt und immer wieder in Erinnerung gerufen werden! Weil viele meinen, verächtlich von dieser Erde und dem Leben auf ihr denken und reden und handeln zu müssen. Sie machen die Erde schlecht – als Durchgangsstation, die im Gegensatz zur wahren himmlischen Heimat des Menschen nicht weiter wichtig sei (und daher auch kaputt gemacht werden könne?). Als Jammertal mit Entbehrungen und Nöten, das man als ein frommes Menschenkind nur freudig und am liebsten so schnell wie möglich hinter sich lassen könne.

Gibt es Argumente für Welt-Flucht und Welt-Verachtung? Biblisch begründete nicht. Nach dem Zeugnis der Bibel ist die irdische Welt der Ort, der für Adam von seinem Schöpfer vorgesehen ist. Dort ist der Mensch hineingesetzt. Und diese Welt, so sein Auftrag, soll er bebauen und bewahren. Adam soll also nicht engelsgleich vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang „Halleluja“ singen. Soll sich nicht mönchisch x mal am Tag zurückziehen und beten, schweigen, andächtig sein. Soll auch nicht wie ein Sklave für den Unterhalt oder für die Unterhaltung seines Herrn dienen. Sondern soll als Mensch mitten in der Welt: ackern. Gottesdienst im Alltag der Welt, so hat der Apostel Paulus das später einmal genannt.

Bebauen und bewahren, das ist unser Auftrag. Und was tun wir? Wir leben so, als ob wir noch eine zweite Welt in der Tasche hätten: Pflanzen- und Tierarten sterben aus. Mehr als 400.000 Menschen in der EU sterben jährlich an den Folgen von Luftverschmutzung. Winzig kleine Plastikteile schwimmen im Meer; Nitrat gelangt ins Grundwasser durch zu viel Dünger und Gülle auf den Feldern. Wir wissen das alles; wissen das und noch viel mehr. Vor einigen Wochen wurden die sog. wahren Kosten für verschiedene Lebensmittel untersucht; das Ergebnis: die aktuellen Verkaufspreise spiegeln die Kosten der Umweltfolgen von Stickstoff, Klimagasen und Energieerzeugung nicht wider. Würden diese versteckten Kosten berücksichtigt, kostete ein Liter H-Milch nicht 79 Cent, sondern 1,75 Euro, und für 250 Gramm Bio-Hackfleisch läge der Verkaufspreis nicht bei 2,25 Euro, sondern bei 5,09 Euro.

Geld, das wir sparen. Bezahlen müssen es unsere Kinder und Enkelkinder – wenn sie es dann noch können. O-Ton Antonio Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen: Der Klimawandel sei „eine viel größere Bedrohung“ als die derzeitige Coronavirus-Pandemie und bedeute „eine existenzielle Gefahr für unseren Planeten und unser Leben“. Nach dieser Erde gäbe es keine, die einem Menschen Heimat wäre: Vergiss das nicht, Adam. Damit du weiterhin singen kannst und staunen: „What a wonderful world“! Amen.

 

Lied: Gott gab uns Atem (eg 432):

1. Gott gab uns Atem, damit wir leben, / er gab uns Augen, dass wir uns sehn. / Gott hat uns diese Erde gegeben, / dass wir auf ihr die Zeit bestehn. / Gott hat uns diese Erde gegeben, / dass wir auf ihr die Zeit bestehn.
2. Gott gab uns Ohren, damit wir hören. / Er gab uns Worte, dass wir verstehn. / Gott will nicht diese Erde zerstören. / Er schuf sie gut, er schuf sie schön. / Gott will nicht diese Erde zerstören. / Er schuf sie gut, er schuf sie schön.
3. Gott gab uns Hände, damit wir handeln. / Er gab uns Füße, dass wir fest stehn. / Gott will mit uns die Erde verwandeln. / Wir können neu ins Leben gehn. / Gott will mit uns die Erde verwandeln. / Wir können neu ins Leben gehn.