Gottesdienst am 18. Oktober 2020 19. Sonntag nach Trinitatis

Erstellt am 18.10.2020

Wochenspruch (Jeremia 17,14):

Heile du mich, HERR, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen. 

Eingangspsalm (Psalm 32 in Auswahl):
Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind,
dem die Sünde bedeckt ist!
Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet,
in dessen Geist kein Falsch ist!
Ich sprach: Ich will dem HERN meine Übertretungen bekennen.
Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten,
dass ich errettet gar fröhlich rühmen kann. 

Gebet:
Gott, wir tun uns schwer einzugestehen, dass wir nicht so sind, wie wir gern scheinen. Wir schämen uns für unser Versagen und haben Angst, in fremden Augen wertlos zu erscheinen. Gut, dass du uns nicht festnagelst auf unsere Schuld und nicht verachtest für unser Scheitern. Gut, dass wir darauf vertrauen dürfen: Du bist ein Gott, der vergibt!   Amen.

 

Predigt (über Epheser 4,22-32):
22Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. 23Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn 24und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. 25Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. 26 Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen 27und gebt nicht Raum dem Teufel. 28Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann. 29Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören. 30Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung. 31Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. 32Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Foto: Wodicka

„Bitte, legen Sie doch ab!“: Eher Einladung als Aufforderung. Ausdruck von Gastfreundschaft; davon, dass der Besuch willkommen ist. Und dass der nicht so schnell wie möglich das fremde Haus, die fremde Wohnung verlassen und wieder gehen, sondern (gerne) bleiben soll. Darum soll er den Mantel, die Jacke ablegen. Draußen mögen die ihn vor Wind und Regen geschützt haben. Aber nun, drinnen, sind sie unnötig und unpassend: Im Warmen und Trockenen braucht diese Kleidung wirklich niemand.

Bitte, legen Sie doch ab: Was mit Bekleidung, die unnötig geworden ist, meist ohne Mühen funktioniert, ist bei weniger äußerlichen Dingen nicht ganz so einfach. Weniger Süßigkeiten naschen – mit dem Rauchen aufhören – sich regelmäßig bewegen, Sport treiben: Schwimmen, vielleicht sogar in der Mucki-Bude? - weniger Zeit vor der Flimmerkiste sitzen – mehr Zeit mit den Kindern/den Enkeln/den Freundinnen verbringen - …. Es gibt viele gute und bestimmt auch  sinnvolle Vorsätze. Vorzugsweise werden die zu Beginn der Passionszeit gefasst (7 Wochen ohne!). Oder am Silvesterabend, mit Blick auf das neue Jahr, und werden häufig nicht einmal bis zum Frühlingsanfang ein- und durchgehalten. Warum ist das so? Warum tun wir uns so schwer damit, uns von bestimmten Gewohnheiten und Verhaltensweisen zu trennen, sie abzustellen, abzulegen? Weil wir noch nicht bereit dazu sind? Weil der Leidensdruck noch nicht groß genug ist? Weil uns die neuen Dinge zwar reizen und locken, aber nicht ernst und wichtig genug erscheinen?
Doch, höre ich den Verfasser des Epheserbriefes sagen. Es ist ernst und wichtig. Denn es geht nicht nur um einzelne Gewohnheiten, Unarten und Marotten. Es geht um mehr: Es geht um den ganzen alten Menschen, der sich und andere betrügt und zugrunde richtet!
Der alte Mensch, Du und ich: Lügende. Haben wir erst einmal damit angefangen, kommen wir aus dem Lügengeflecht nicht mehr heraus. Müssen ständig aufpassen, ja nicht aufzufliegen. Und müssen doch jederzeit damit rechnen, dass die Wahrheit ans Licht kommt.
Der alte Mensch, Du und ich: Zürnende. Wir möchten, dass die, die unseren Zorn verursacht haben, unseren Ärger und unsere Wut auch merken, spüren, mitbekommen. Und so gehen wir mit dem Zorn ins Bett und stehen mit ihm auf und wundern uns über Magengeschwüre.
Der alte Mensch, Du und ich: Stehlende. Heimlich bringen wir an uns, was uns nicht gehört, leben auf Kosten anderer. Obwohl wir selbst zwei Hände haben, mit denen wir gut schaffen könnten. Und Gutes: Wenn wir abgeben, teilen.
Der alte Mensch, Du und ich: Schwätzende. Reden daher, was niemand braucht. Was faul und stinkend die Atmosphäre und die Stimmung vergiftet. Was gut ist, was anderen gut tut, was sie erbaut, was sie stark und schön macht: das verschweigen wir.
„Legt von euch ab den alten Menschen (…) und zieht den neuen Menschen an“: Es geht nicht darum, dass wir unsere Gesinnung wie einen Mantel an der Garderobe abgeben. Im Gegenteil! Wir sollen unser Fähnchen nicht in den Wind hängen, sondern sollen Flagge zeigen. Sollen zeigen, wie wir gesinnt sind – und was unserer Gesinnung entspricht und entspringt. Sollen zeigen, was (zu) uns passt – und was nicht. Sollen zeigen, was wir tragen – und: was uns trägt! Bei der Taufe haben wir ja mit dem Bekenntnis zu Christus dem Bösen abgesagt. Und wir haben mit dem Taufgewand gleichsam Christus angezogen - seine Freundlichkeit, seine Herzlichkeit!
Was sollen da noch die alten Klamotten; diese Rüstung, an der wir schwer tragen und die uns nur vermeintlich schützt, in Wahrheit aber eng macht im Denken und im Fühlen?! Die Angst, zu kurz zu kommen im Leben. Die Sorge, von allen ungerecht behandelt zu werden. Die Befürchtung, von niemandem beachtet und geachtet zu werden. Quatsch! Das Leben haben wir geschenkt bekommen, umsonst und ohne jede Vorleistung; ist das nichts? Und, mehr noch, wir dürfen immer wieder neu anfangen, weil wir aus der Vergebung leben! Die kleidet uns. Die dürfen wir tragen. Die dürfen wir zeigen. Die steht uns ausgezeichnet.   Amen.

 

Lied: Meine engen Grenzen
1. Meine engen Grenzen, / meine kurze Sicht bringe ich vor dich. / Wandle sie in Weite: / Herr, erbarme dich. / Wandle sie in Weite: / Herr, erbarme dich.
2. Meine ganze Ohnmacht, / was mich beugt und lähmt, bringe ich vor dich. / Wandle sie in Stärke: / Herr, erbarme dich. / Wandle sie in Stärke: / Herr, erbarme dich.
3. Mein verlornes Zutraun, / meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich. / Wandle sie in Wärme: / Herr, erbarme dich. / Wandle sie in Wärme: / Herr, erbarme dich.
4. Meine tiefe Sehnsucht / nach Geborgenheit bringe ich vor dich. / Wandle sie in Heimat: / Herr, erbarme dich. / Wandle sie in Heimat: /
Herr, erbarme dich.