Gottesdienst zum sechsten Sonntag nach Ostern - Exaudi 16. Mai 2021

Erstellt am 16.05.2021

Grafik: Pfeffer

Wochenspruch (Johannes 12, 32):

Christus sprich: Wenn ich erhöht werde von der Erde,

so will ich alle zu mir ziehen.

 

Lied: Geh aus mein Herz und suche Freud (eg 503,1.2.14)

 

Eingangsworte

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.   Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde

gemacht hat.

 

Eingangspsalm (Psalm 27 in Auswahl)

Der HERR ist mein Licht und mein Heil;

vor wem sollte ich mich fürchten?

            Der HERR ist meines Lebens Kraft;

            vor wem sollte mir grauen?

HERR, höre meine Stimme, wenn ich rufe;

sei mir gnädig und antworte mir!

            Mein Herz hält dir vor dein Wort:

            „Ihr sollt mein Antlitz suchen.“

            Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz.

Verbirg dein Antlitz nicht vor mir,

verstoße nicht im Zorn deinen Knecht!

            Denn du bist meine Hilfe; verlass mich nicht

            und tu die Hand nicht von mir ab,

            du Gott meines Heils!

           

Gebet

Gott, Schöpfer der Welt,

dein Licht leuchtet uns, dein Wort spricht uns an.

Sende den heiligen Geist, der uns tröstet und leitet.

Sei bei uns, damit wir bei dir sind heute und alle Zeit.  

Amen.

 

Lied: O komm, du Geist der Wahrheit (eg 136,1-3.7; Wochenlied)

 

Predigt über Epheser 3, 14-21 (Epistel des Sonntags)

14 Ich beuge meine Knie vor dem Vater, 15 von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat, 16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, 17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne. Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet, 18 damit ihr mit allen Heiligen begreifen könnt, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, 19 auch die Liebe Christi erkennen könnt, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet, bis ihr die ganze Fülle Gottes erlangt habt. 20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

 

Vor Jahren war in der Zeitung eine kurze Meldung abgedruckt. Man hätte sie für einen Aprilscherz halten können – so unglaublich erschien das, was unter der Rubrik „Aus aller Welt“ berichtet wurde. In Japan, so hieß es dort nämlich, sei vor kurzem eine kleine Gruppe von Soldaten entdeckt worden. Und diese (japanischen) Soldaten waren der festen Überzeugung, dass Krieg herrsche! Gut 50 Jahre zuvor hatten sie, junge Männer damals, den Befehl erhalten, nach feindlichen, us-amerikanischen Invasoren Ausschau zu halten. Und das taten sie dann auch. Sie taten es auch noch, als Japan nach Hiroshima und Nagasaki längst kapituliert hatte: Weil vergessen worden war, ihnen Bescheid zu geben, dass der Krieg, der zweite Weltkrieg, vorüber sei. So spähten sie immer noch nach dem Feind aus. Ihr Einsatzgebiet war so abgelegen und unwegsam, ihre Kontakte zur Umwelt daher so minimal, dass sie über Jahre und Jahrzehnte hinweg Japan (und sich) im Kriegszustand wähnten. Und es war gewiss nicht leicht, sie nun vom Gegenteil zu überzeugen.

 Da spielen Menschen Krieg, weil sie nicht wissen, dass Friede ist: Das ist schon verrückt, liebe Gemeinde. Das kann uns, so sollte man meinen, nicht passieren. Aber der Verfasser des Epheserbriefes ist sich da nicht so sicher. Er wird jedenfalls nicht müde, immer und immer wieder von dem einmal geschlossenen Frieden zu künden – so laut, so eindringlich, damit ja alle Bescheid wissen und niemand es überhören kann. Fast penetrant schon kündet er von dem Frieden, der im Kreuz geschehen ist. Von dem universalen Frieden zwischen Gott-Vater im Himmel und all seinen Menschen-Kindern auf Erden. Und, weil die ja Geschwister sind eines sie einenden und einigenden Vaters, von dem Frieden zwischen ihnen, die unter dem Himmel auf der Erde leben: Die Zerrissenheit zwischen Juden und (Heiden-)Völkern ist nun überwunden! Die scheinbar unüberwindliche Mauer zwischen ihnen ist zusammengebrochen. Und damit auch die Feindschaft, die die Menschen diesseits und jenseits der Mauer trennte.

 Doch so selbstverständlich, wie sich das anhört, ist es leider nicht. Es scheint im Gegenteil eher so zu sein, dass wir Menschen diesem Frieden nicht recht trauen. Ja, als ob es der Frieden ist und nicht der Krieg, wovor wir uns fürchten. Oder gibt es sonst einen Grund, warum wir von diesem Welt- und Völkerfrieden nichts wissen wollen? Warum wir, immer wieder, gute (und das heißt ja: schlechte) Gründe erfinden, um weiter zu machen wie bisher, und den Anderen, die Fremde, unseren Feind mit Krieg überziehen?

 Die Mauer ist zusammengebrochen – da mag der Epheserbrief schon recht haben. Aber die Feindschaft nicht, die besteht auch nach dem Friedensschluss weiter fort. Und sie lässt neue Mauern entstehen, aus Beton, wie zwischen den USA und Mexiko, oder wie zwischen Israel und den Gebieten der Palästinenser, wo sich die Lage gerade bedrohlich zuspitzt. Und sie verteidigt vehement die Mauern in den Köpfen der Menschen: Klammert sich haltsuchend an Überresten der Mauer fest. Errichtet aus enttäuschter Erwartung heraus eine neue Mauer aus Besserwisserei, Vorurteilen und Überlegenheitsdünkel.

 

(In Klammern: Wir Deutschen konnten ja in den letzten dreißig Jahren miterleben, wie das das funktioniert. Wie eine Mauer, die zwischen Ost und West, immer bröckliger wird, schließlich ganz hinfällt - ohne dass zugleich die Trennung aufgehoben wird. Der Einheits-Taumel ist schon lange verflogen; die Mauer zurück wollen ernsthaft nur die Wenigsten. Und obwohl die Angleichung der Lebensverhältnisse langsam aber stetig zunimmt (jedenfalls was Löhne und Renten anbelangt) fühlen sich viele Deutsche, die einst Bürger der DDR waren, immer noch wie Bürger zweiter Klasse.)

 

Unser Predigttext weiß freilich, dass ein bloßes Wissen um den Frieden nicht ausreicht. Wenn der Friede nicht äußerlich bleiben soll, muss er nach innen. Der neu gewonnene Weltfriede (zwischen dem Vater und seinen Kindern sowie zwischen denen untereinander) soll Seelenfriede werden. Will Wurzeln schlagen in uns. Und muss daher mitten in unser Herz: Dorthin, wo wir bewegt werden; wo wir empfänglich sind und empfindsam und doch so hart und eng. Deshalb ist es nötig, dass ein Dauermieter in unser Herz einzieht. Ein Bewohner, der unser Herz in Beschlag nimmt, es von altem Gerümpel befreit, und mit seiner Liebe ausfüllt. Der unsere Enge überwindet und uns weit macht. Stark und kräftig auch, den Frieden, den er uns schenkt, auszuhalten. Ihn: zu leben! Und nicht wieder in das überholte Freund-Feind-Schema zurück zu fallen.

 Das ist fremd, ungewohnt, darum nicht leicht, manchmal bestimmt sogar mühsam. Und doch lohnt es sich. Ist es doch die einzige Möglichkeit, den Frieden Gottes, höher als all unsere Vernunft, zu erkennen, zu begreifen, zu ergreifen – und uns von ihm ergreifen zu lassen!  Wenn wir uns für ihn öffnen. Und dann, voller Glauben und Liebe, den Raum beschreiten, den er uns eröffnet.

 

 Normalerweise hat ein Raum drei Dimensionen; Länge, Breite, Höhe. Aber den Raum des Friedens kann man nicht, gleichsam von außen, betrachten und abmessen. Weil uns das passende Maßband fehlt (Frieden kann eben nicht in Kilometern, wie die Länge einer Mauer, und erst recht nicht in Megatonnen, wie die Sprengkraft einer Bombe, gemessen werden). Und weil wir uns ja mitten in diesem Raum befinden und nach allen Seiten hin von ihm umgeben sind.

 Darum: Vier Dimensionen – die ganze Welt steht uns offen, will vom Frieden erfüllt werden. In der Breite alles und alle, die gemeinsam mit uns stehen und gehen. In der Länge alles, was vor uns liegt ebenso wie  auch unsere Vergangenheit, der niemand davonlaufen kann. In der Höhe das, was uns verheißen ist, Träume, Wünsche, Hoffnungen auch. Und in der Tiefe das, was uns ängstigt, was dunkel ist und abgründig, und was doch auch zu uns gehört. Und in dem allen und überall der Frieden, der uns bewegt und beschützt und trägt...

 Ob wir das jemals begreifen werde? Ob wir je erkennen können, was all unsere Erkenntnis übersteigt? Der Verfasser des Epheserbriefes jedenfalls möchte uns diesen Frieden schmackhaft machen. Legt ihn uns darum so eindringlich ans Herz, ja: ins Herz. Und wir, wir wären mehr als verrückt, wenn wir es mit diesem Frieden, den es gibt und von dem wir wissen, nicht wenigstens ausprobieren.

Amen.

 

Lied: Verleih und Frieden gnädiglich (eg 421)

Verleih uns Frieden gnädiglich,

Herr Gott, zu unsern Zeiten.

Es ist doch ja kein andrer nicht,

der für uns könnte streiten,

denn du, unser Gott, alleine.

 

Gebet (eg 875)

O Herr,

mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,

dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,

dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,

dass ich verbinde, da, so Streit ist,

dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,

dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,

dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,

dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,

dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.

 

Herr, lass du mich trachten:

nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;

nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;

nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

 

Denn wer da hingibt, der empfängt;

wer sich selbst vergisst, der findet;

wer verzeiht, dem wird verziehen,

und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben.

 

Vater unser im Himmel …

 

Bitte um Gottes Segen

Gott segne uns und behüte uns.

Gott lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.

Gott hebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.