Gottesdienst zum 1. Sonntag nach Epiphanias (10.1.2021)

Erstellt am 09.01.2021

Wochenspruch (Römerbrief 8,14)
Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. 

Eingangsworte
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.   Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde
gemacht hat. 

Gebet
Gott, durch die Taufe hast du uns zu deinen Töchtern und Söhnen gemacht. Lass uns deinen Willen tun – mit unseren Worten und Taten, mit unseren Gaben und Kräften. Dazu hilf uns um deiner Liebe willen. Amen. 

Predigttext (Römerbrief 12, 1-8)
1 Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. 2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. 3 Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. 4 Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, 5 so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. 6 Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. 7 Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. 8 Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, 

tue es mit Freude.

Predigt
Wann ist der Gottesdienst zu Ende? Das hängt ganz davon ab, wissen die Erfahrenen. Davon, ob die Predigt kurz oder lang ist, ob viele Liedstrophen gesungen werden oder wenige, ob das Abendmahl gefeiert wird oder nicht. Aber auch, wenn der genaue Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden kann: Zu Ende ist der Gottesdienst auf jeden Fall mit dem Segen! - Mit dem Segen? höre ich Paulus nachfragen. Nein! Mit dem Segen, da beginnt er erst, der Gottesdienst im Alltag der Welt! Paulus versteht also das ganze Leben als Gottesdienst: Das ist zunächst einmal ein eher fremder Gedanke. Und doch, bei näherem Nachdenken, einleuchtend und plausibel. Jedenfalls vernünftiger als die Vorstellung, die eine Stunde Gottesdienst am Sonntag Vormittag sei ja nett und schön, darüber hinaus fürs Seelenheil ganz angenehm, aber mit den restlichen 167 Stunden der Woche habe sie nicht das geringste zu tun. Denn kann ein Mensch tatsächlich im Gottesdienst Gott danken und loben - und im normalen Leben, außerhalb der Kirchenmauern, die schlimmsten Schandtaten begehen? Wer denkt, das passe zusammen, der unterscheidet nicht, sondern trennt: kultischer Gottesdienst hier, alltägliches Leben dort. Gegen diese Trennung haben schon die Propheten des ersten Testaments ihre Stimme erhoben; haben kritisiert, dass das Verhalten im Alltag dem im Gottesdienst geforderten Verhalten regelrecht widerspricht. Auch Jesus schließt sich ihnen an und zitiert den Propheten Hosea: 'Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht an Opfer' (Matthäus 9,13).
Diese Kultkritik wird nun auch von Paulus aufgenommen und zugespitzt: 'Ich ermahne euch (...), dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei'. - Euren Leib: Also nicht nur einen Teil von euch; etwas, was man mit den Sonntagskleidern ablegen und in den Schrank hängen kann, sondern euch zur Gänze, eure Existenz, euer Leben! - Euren Leib: Auch nicht etwas außerhalb von euch, womöglich gar einen anderen Menschen, den ihr euch zum Sündenbock auserkoren habt und den ihr für eure vermeintlich frommen Zwecke opfern wollt! - Euren Leib: Was ihr bitte schön nicht mit Selbstkasteiung verwechseln möchtet! Jeder Versuch, Gott mit Blutvergießen wohlgefällig zu stimmen, gar versöhnen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt: Seit dem Kreuzestod Jesu Christi! In dem gab Gott sich selbst hin, ein für alle mal - damit das Morden und Schlachten der Menschen ein Ende habe. Von dieser göttlichen Hingabe lebt ihr. Von dieser göttlichen Hingabe leben wir, die wir uns durch die Taufe Kinder Gottes nennen dürfen.

Ein Leben, das sich der hingebenden Barmherzigkeit Gottes verdankt. Ein Leben, das sich selbst der Barmherzigkeit hingibt: aufmerksam für das Kleine, misstrauisch gegen alles Laute; sanft zu dem Schwachen, Schwach für das Zarte. Das ist vielleicht gar nicht mal viel, liebe Gemeinde. Und doch ist es etwas, an dem es uns gehörig mangelt. Und wohl deshalb stellt Paulus neben die Hingabe die Änderung 'durch Erneuerung eures Sinnes'. Metamorphose, also Änderung, Verwandlung schreibt Paulus. Nun sind wir gewiss keine Raupen, die zu wunderschönen Schmetterlingen werden. Noch nicht einmal Schlangen, die ihre alte Haut einfach abstreifen können. Aber als Getaufte, deren alter Adam und deren alte Eva ersäuft wurde, können wir es doch zumindest einmal versuchen mit dem Sich-nicht-dieser-Welt-gleichstellen. Nichts einzig und allein deshalb tun, weil es alle tun. Nichts nur darum sagen, weil es alle sagen. Freilich auch nicht: Anders-Sein nur um des Anders-Seins willen. Sondern sich quer stellen, Unglaubliches denken, Neues ausprobieren: Wenn und weil Gott es von uns will.

Die das wagen und praktizieren, die können schon was von sich halten. Müssen aber aufpassen, dass sie nicht zu viel von sich halten (Guckt mal, wie toll ich bin!). Müssen auch darauf achten, dass sie nicht zu wenig von sich halten (Was soll ich kleine unbedeutende Person schon groß verändern können?!). 'Maßvoll' sollen die von sich halten, womit Paulus die Rückkehr zum menschlichen Maß meint. Gottes Willen will ja nicht im Himmel, sondern auf Erden getan werden. Da, wo wir leben. Und wo die leben, mit denen wir und die mit uns zu tun haben. Unsere Schwestern und Brüder im Glauben, in deren Gemeinschaft uns die Taufe gestellt hat.

Sich der Barmherzigkeit hingeben und anvertrauen. Neues wagen, weil Gott es so will. Das rechte, das menschliche Maß (wieder) entdecken. Wenn uns der sonntägliche Gottesdienst daran erinnert und darin einübt, dann hört unser vernünftiger Gottesdienst nicht auf, solange wir leben. Amen.

Fürbittengebet
Gott, wie eine Mutter bietest du uns Geborgenheit,
wenn wir uns klein und hilflos fühlen wie ein Kind.
Aber du nimmst uns auch ernst als erwachsene Frauen und Männer, mutest uns Verantwortung zu für unser Leben und für unsere Erde.
Darum bitten wir:
Öffne uns Augen und Ohren, dass wir erkennen, wo und wie unser Gottesdienst im Alltag der Welt geboten ist.
Lass uns zuverlässig und treu sein in unserem Dienen, aber schenke uns auch einen Blick für die Grenzen unserer Möglichkeiten.
Hilf uns, andere mit ihren Gaben ohne Neid anzuerkennen.

Vater unser im Himmel ...

Segen
Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.
Gott hebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen. 

Liedvorschläge
Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude (eg 66)
Du höchstes Licht, ewiger Schein (eg 441; Wochenlied)