Gottesdienst am 9. Sonntag nach Trinitatis, 09. August 2020

Erstellt am 07.08.2020

Musik
Begrüßung

Willkommen zum Gottesdienst am 9. Sonntag nach Trinitatis. Der Wochenspruch lautet: Wem viel gegeben ist, bei dem wir man viel suchen, und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.
Heute werden noch drei Kinder getauft und vier Jugendliche konfirmiert.
Abkündigungen

Votum
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Lied: Wo zwei oder drei EG 579

Psalm 63, 2 – 9

Gott, du bist mein Gott, den ich suche.
Es dürstet meine Seele nach dir,
mein Leib verlangt nach dir
aus trockenem, dürrem Land, wo kein Wasser ist.
So schaue ich aus nach dir in deinem Heiligtum,
wollte gerne sehen deine Macht und Herrlichkeit.
Denn deine Güte ist besser als Leben, meine Lippen preisen dich.
Soll will ich dich loben mein Leben lang
und meine Hände in deinem Namen aufheben.
Das ist meines Herzens Freude und Wonne,
wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben kann;
Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich,
wenn ich wach liege, sinne ich über dich nach.
Denn du bist mein Helfer,
und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich.
Meine Seele längt an dir, deine rechte Hand hält mich.

Lied: Wo zwei oder drei EG 579

Lesung des Predigttextes Jeremia 1, 4 - 10

4 Und das Wort des HERRN erging an mich folgendermaßen: 5 Ehe ich dich im Mutterleib bildete, habe ich dich ersehen, und bevor du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt; zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt! 6 Da sprach ich: Ach, Herr, HERR, siehe, ich kann nicht reden, denn ich bin noch zu jung! 7 Aber der HERR sprach zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«; sondern du sollst zu allen hingehen, zu denen ich dich sende, und du sollst alles reden, was ich dir gebiete! 8 Fürchte dich nicht vor ihnen! Denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der HERR. 9 Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an; und der HERR sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund! 10 Siehe, ich setze dich am heutigen Tag über die Völker und über die Königreiche ein, um auszurotten und niederzureißen, und um zu zerstören und abzubrechen, um zu bauen und zu pflanzen.

Halleluja
Lass deiner sich freuen und fröhlich sein alle, die nach dir fragen; und die dein Heil lieben, lass allewege sagen: Der HERR sei hoch gelobt.
Halleluja

Orgel: Halleluja                   

Gemeinsames Glaubensbekenntnis

Lied: Fürchte dich nicht EG 656

Predigt mit Jeremia 1, 4 - 10

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,
In den letzten Monaten und Wochen habe ich manchmal das Gefühl gehabt, meine Kräfte werden über Gebühr beansprucht. Corona. Der Lockdown und die Zeit danach. So viel Unsicherheit. So viel Sorge, Angst und Verzicht. Wir werden im Leben nicht immer gefragt, ob wir haben wollen, was uns zufällt. Und manches ist zu viel.
Das hat nicht nur mit Corona zu tun.
Es gibt solche Zeiten immer wieder im Leben, in denen ich denke: Manchmal würde ich lieber ausweichen.

Auch Jeremia wäre gerne ausgewichen. Ein Mann aus einer ganz anderen Zeit. Einer, der über Gebühr beansprucht wurde. Ein Prophet wider Willen. Jeremia, ein Priestersohn im 7. Jahrhundert vor Christus. Gegen seinen Willen und über seine Kraft hinaus wird er von Gott berufen. Das Südreich Israels, Juda, in dem er lebt, ist eingekeilt zwischen den Großmächten seiner Zeit: Assyrer, Babylonier, Ägypter. Die Verantwortlichen verlieren den Kopf, schließen falsche Bündnisse und lassen ihr Vertrauen auf Gott fahren. Jeremia mahnt und wirbt: wendet euch zu Gott zurück. Vertraut auf ihn, und er wird euch helfen. Die Menschen hören nicht auf ihn.

So wird sein Leben selbst zum Zeichen. Jeremia bleibt unverheiratet und kinderlos, um auf den Niedergang des Volkes hinzuweisen. Er trägt ein Joch durch die Straßen, um zu zeigen, wie sich das Volk unter die Herrschaft der Babylonier erniedrigt. Die Menschen glauben ihm nicht. Sie schieben ihre Angst auf ihn und werfen ihn in eine Zisterne. Der Schlamm hält seine Füße fest, erst in letzter Minute wird er gerettet. Jeremia bleibt Gott treu. Er findet den Mut, seinen eigenen Weg zu gehen. Er weicht nicht aus. Dafür wird ihm nicht gedankt, im Gegenteil. Menschen ertragen es in der Regel nicht, wenn einer die Wahrheit sagt. Als alles beginnt, ist er noch jung,  seine Berufung ist unser heutiger Predigttext.

Wie heißt es da: Ehe ich dich im Mutterleib bereitete… schon vor der Geburt berufen… ist das letzte Wort über ein Leben schon gesprochen, bevor ein Mensch sein erstes Wort denkt oder spricht? Verfolgt Gott seinen Plan ziel- und detailgenau und hat alles vorher bestimmt? Jeremia legt zumindest nahe, dass im letzten nicht ich die Weichen meines Lebens stelle. Meine Eltern auch nicht. Gott legt in mein Leben Begabungen hinein, Charakterzüge und Fähigkeiten. Er hält mein Werden und Vergehen in seiner Hand. In seiner Hand, die größer ist als alles, was ich meinem Leben hinzufügen oder wegnehmen kann. Herr, ich bin zu jung, ich kann das nicht, antwortet Jeremia. Vielleicht eine Ausrede. – Aber was hätte ich geantwortet?

Wie leicht fällen Menschen ein Urteil über einen anderen: der kann das nicht. Dem fehlt die Kompetenz, die Geschicklichkeit, die Klugheit oder die Redebegabung. Oder: schau doch seine Eltern an. Aus dem kann nichts werden. – Und wie leicht machen Menschen sich ein solches Urteil zu eigen. Ich kann das nicht, bin nicht klug, nicht redegewandt, nicht geschickt genug, habe keine Erfahrung und nicht die nötige Ausbildung. Und dann gehen wir ohne Zutrauen durchs Leben, scheitern schon vor dem Versuch.

Gott hat das erste und das letzte Wort über Jeremias Leben und über jedes Leben. Besser Gott als irgendein anderer. Und Gott traut Jeremia etwas zu. Mehr als der sich selbst zugetraut hätte. Und mehr als Jeremia meint tragen zu können. Am Anfang des Weges steht Gottes Zutrauen. Sage nicht „ich bin zu jung“, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen, was ich dir gebiete.

Zutrauen ist gut, um einen Weg zu beginnen. Aber du sollst… Ich will lieber wollen als sollen… Auf der anderen Seite: Jeremia wäre seinen Weg wohl nie aus freien Stücken gegangen, so wie wir manche Wege nur gehen, weil wir sie gehen müssen, nicht weil wir sie uns ausgesucht haben.

Jeremia wollte nicht. Um nichts in der Welt. Er hat Angst vor dem, was vor ihm liegt. Vor dem, was andere ihm antun könnten. Und seine Geschichte zeigt, dass seine Angst nicht unberechtigt ist. Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er Nein gesagt hätte? Vermutlich wären ihm Schmerzen erspart geblieben. Es wäre weniger anstrengend gewesen, vielleicht auch weniger einsam. Er hätte weniger Tränen weinen müssen. Aber es wäre nicht sein Leben gewesen. Er wäre vor seinem Leben geflohen, hätte an seinem Leben vorbei gelebt. Er hätte die Tiefe seines eigenen Lebens verfehlt. Hätte manches Schwere nicht erleben müssen, aber auch Gottes Nähe und Schutz nicht für sich selbst gespürt. Jeremia ahnt vielleicht: du hast immer eine Wahl, so jung du auch sein magst. Mag auch noch so vieles von anderen vorab entschieden sein. Du hast immer die Wahl, dein eigenes Leben zu ergreifen und zu leben, dich zu zeigen, oder dich nach dem zu richten, was andere von dir erwarten. Es ist schwer, sich für sein eigenes Leben zu entscheiden. Es tut weh und macht mitunter einsam. Du fällst auch immer wieder auf die Erwartungen der anderen zurück. Aber es ist dein Leben – und Gott wird dieses Leben begleiten und behüten. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten.
Welch eine Zusage. Ich bin bei dir, spricht dein Gott.
Wenn Du Deinen Weg durchs Leben gehst – ich bin bei Dir.
Wenn es Dir gut geht – ich bin bei Dir.
Wenn Dir Tränen den Blick verschleiern und Du vor Trauer nicht mehr weißt, wie Du den Tag durchstehen sollst – ich bin bei Dir.
Wenn Du glücklich einen Menschen in die Arme schließt, der Dir alles bedeutet – ich bin bei Dir.
Wenn Du traurig Abschied nehmen musst von einem Menschen, der Dir alles bedeutet hat – ich bin bei
Dir.
Wenn Du vor dem Spiegel stehst und Dir selber nicht in die Augen schauen magst – ich bin bei Dir.
Wenn Du das Gefühl hast, von der Welt und von Gott verlassen zu sein – ich bin bei Dir.

Er ist dabei. Welch ein Geschenk. Und erst dann kommt sein Auftrag. Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen. Genauso hätte er auch sagen können: ich bin bei dir bei allem, was das Leben dir gibt und nimmt. Bei allem, was du erlebst und erleidest. Jeremia hat Angst. Und im Rückblick hat ihm das Leben mehr genommen als gegeben. Auf vieles hat er verzichten müssen. Und doch steht über seinem Leben die Zusage: ich bin bei dir. Und er hat, als Prophet wider Willen, sein eigenes Leben geführt. In aller Widerständigkeit. Der Auftrag war groß. Vielleicht zu groß. Aber er hat ihn für sich selbst angenommen und sich begleitet erfahren. Ich glaube, das ist groß und viel, was man über ein Leben sagen kann. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen

 

Lied: Die Erde ist des HERRN EG 677

 

Fürbittengebet

Gott,
du bist in den Schwachen stark:
So bitten wir dich um Kraft,
dass wir die Kranken besuchen
und die Sterbenden begleiten.

Gott,
du bist in den Leisen laut:
So bitten wir dich um Kraft,
dass wir die Einsamen einladen
und die Traurigen trösten.

Gott,
du bist in den Jungen weise:
So bitten wir dich um Kraft,
dass wir die Armen beschenken
und die Reichen zum Teilen bewegen.

Gott,
du bist in den Alten lebendig:
So bitten wir dich um Kraft,
dass wir die Fremden willkommen heißen
und die Flüchtenden aufnehmen.

Gott,
du bist in den Wenigen viel:
So bitten wir dich um Kraft,
dass wir die Zweifler überzeugen
und die Verzweifelten stärken.

Gott,
du bist Wort in uns:
So bitten wir dich,
dass wir dich erkennen
und der Welt dein Evangelium verkünden.
Amen.

 

Vater unser

Segen

Musik zum Ausgang