Gottesdienst am 29. November 2020 (1. Advent)

Erstellt am 03.12.2020

Wochenspruch (Sacharja 9,9b):

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. 

Lied: Wir sagen euch an den lieben Advent
1. Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die erste Kerze brennt! Wir sagen euch an eine heilige Zeit. Machet dem Herrn den Weg bereit. Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr. 

Psalm 24, 7-10:
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
   Wer ist der König der Ehre?
   Es ist der HERR, stark und mächtig,
   der HERR, mächtig im Streit.
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch,
dass der König der Ehre einziehe!
   Wer ist der König der Ehre?
   Es ist der HERR Zebaoth; er ist der König der Ehre.

Gebet
Gott,
du kommst in Jesus Christus in deine Welt,
ohne Gewalt und doch voller Macht.
Öffne bei uns Tor und Tür für dein Kommen
und für deine Botschaft des Friedens.
Amen. 

Lied: Macht hoch die Tür
1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; / es kommt der Herr der Herrlichkeit, / ein König aller Königreich, / ein Heiland aller Welt zugleich, / der Heil und Leben mit sich bringt, /  derhalben jauchzt, mit Freuden singt: / Gelobet sei mein Gott, / mein Schöpfer reich von Rat.
2. Er ist gerecht, ein Helfer wert; / Sanftmütigkeit ist sein Gefährt, / sein Königskron ist Heiligkeit, / sein Zepter ist Barmherzigkeit; / all unsre Not zum End er bringt, / derhalben jauchzt, mit Freuden singt: / Gelobet sei mein Gott, / mein Heiland groß von Tat.
3. O wohl dem Land, o wohl der Stadt, / so diesen König bei sich hat. / Wohl allen Herzen insgemein, / da dieser König ziehet ein. / Er ist die rechte Freudensonn, / bringt mit sich lauter Freud und Wonn. / Gelobet sei mein Gott, / mein Tröster früh und spat. 

Predigt zu Sacharja 9,9-10
9 Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.  10 Denn ich will die Wagen vernichten in Ephraim und die Rosse in Jerusalem, und der Kriegsbogen soll zerbrochen werden. Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.

Advent. Ankunft. Und da sehe ich ihn auch schon kommen, liebe Gemeinde: einen Esel! Seine sprichwörtlich großen Ohren sind nach oben aufgerichtet. Von der ebenfalls sprichwörtlichen Sturheit, die den Grautieren nachgesagt wird, ist bei diesem Vertreter seiner Gattung indes nichts zu bemerken. Nicht störrisch sieht er aus, sondern freundlich und überaus geduldig. Täusche ich mich, oder lächelt er sogar? Und zwinkert mir mit seinem einen Auge verstohlen zu?

Der Esel ist freilich nicht alleine. Mit ihn, auf ihm sitzend, ein Mensch, der mir recht sonderbar erscheint. „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin“. Mit diesen Worten hatte dereinst der Prophet Sacharja weitergesagt, was Gott seinem Volk verheißen hat: Ein König wird kommen; ein König, der den Menschen helfen wird, weil er Frieden und Gerechtigkeit mit (sich) bringt.

Ein armer König. Ein König ohne die ansonsten üblichen Insignien der Macht. Er sitzt nicht hoch zu Ross auf einem edlen Pferd, fährt auch nicht in einer Luxuslimousine vor, sondern kommt auf einem Esel. In seinen Händen hält er weder Zepter noch Schwert; seine Hände sind leer und erhoben. Statt mit Purpurgewändern oder mit einem Maßanzug ist er mit Nacktheit gekleidet. Und anstelle einer Krone aus Gold und funkelnden Edelsteinen ziert ein heller Lichtglanz seinen Kopf.

Ein armer König. Ohne jede Pracht. Ohne jede Macht. Wie soll ausgerechnet dieser König der Gerechtigkeit in unserer vor Unrecht schreienden Welt zum Durchbruch verhelfen? Ich kann alle, die so fragen, gut verstehen. Die, die ungläubig den Kopf schütteln. Und sich abwenden von diesem armseligen König, weil sie sich nicht für dumm verkaufen und nicht zum Esel machen lassen wollen.

Ja, ich kann sie verstehen. Denn ihre Fragen und Bedenken sind auch die meinen. Aber ich weiß auch, dass die ach so prächtigen und überaus mächtigen Könige dieser Erde bislang erschreckend wenig dazu beigetragen haben, dass Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Lieber herrschen sie selber. Und lassen sich ihre Pracht bezahlen von den Beherrschten, die dafür ihre Macht zu spüren bekommen.

Siehe, dein König: Ein König, der anders ist als die unzähligen Könige dieser Erde. Der gerade in seiner Machtlosigkeit wahrhaft mächtig ist! Auf einem Esel, dem Lasttier der kleinen Leute, kommt er – als Zeichen des Helfens: Ich werde bei euch sein. Mit erhobenen Händen kommt er – als Zeichen des Segnens: Ich werde mit euch sein. In schutzloser Nacktheit kommt er – als Zeichen des Dienens: Ich werde für euch da sein.

Vielleicht wäre es doch gar nicht so dumm, auf diesen König zu  warten. Ihm den Weg zu bereiten. Ihn in unsere Welt hineinzutragen und für ihn den Esel zu machen: Mit einer Geduld, der die Welt nicht gleichgültig wird, die aber dennoch unter dem herrschenden Unfrieden nicht aufgibt, nachgibt, zerbricht. Mit einer Störrischkeit, die sich das Ziel nicht irre machen lässt, die vielmehr beharrlich weitergeht auf dem Weg der Menschlichkeit. Und mit großen Ohren, die taub sind für die Drohungen und Versprechen der Herrschenden, offen aber für die Hilfe-Rufe der von ihnen Bedrückten. Besonders hellhörig auch für die leisen Töne, die das Kommen unseres Königs ankündigen, es begleiten, ihm vorauseilen. Er kommt: Ankunft. Advent.   Amen.

Lied: Tochter Zion, freue dich
1. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir, ja er kommt, der Friedefürst. Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem!